Montag, 27. Oktober 2014

Endzeitfragen

Ich frage mich gerade, wie viele S (S-sen, Essen?) das Wort "Schlusspurt" eigentlich wirklich hat (richtige Antwort: 4, Anm. der Redaktion). Aber nun zu etwas ganz anderem. In den letzten paar Wochen war's ja hier auf dem Blog ziemlich ruhig, der Grund ist unschwer zu erraten: wir proben grad wie die Affen für unser TV-Projekt und haben mächtig Land-unter.

Dabei haben wir die letzen Tagen hohe Besuche bekommen. Philipp Rütsche und Patrick Robatel, beides Mega-Cats in Sachen Showschreiben und -einstudieren und showtechnische Grossformate in Sachen Basel Tattoo Choreos fürs Rep-Orchester fabrizieren haben uns besucht und uns aber mal sowas von richtig auf Kurs gebracht. Und nein, wir haben keinen Liegestütze (oder "pumpä", wie wir das in der RS liebevoll genannt haben) gemacht... Im Gegenteil - ich habe ja erwartet, dass es mit den beiden Herren vom Militär etwa so konservativ zugeht wie in der Hero. Aber mein lieber Herr Gesangsverein war ich da auf dem Holzweg. Gegen so viel Out-of-the-box-thinking wie da daher kommt, da bin ich also ein Oberbünzli. Ehrlich. Philipp und Patrick, tausend Dank, wir haben unheimlich viel von Euch gelernt und ihr habt unserer Show mega gut getan! Ich bin natürlich, wie alle, die sich zu lange und zu viel mit einer Show beschäftigen irgendwann zu verliebt ins eigene Baby und schaue das eigene Produkt schön. Da hilft's dann unheimlich, wenn mal jemand von aussen kommt, und gute Fragen stellt.


A-Popo "Gute Fragen" - die Tage werde ich immer wieder mit den selben Fragen bombardiert, und da dachte ich mal, widme ich diesen Post eben diesen Fragen und Antworten:

F: Sind die Interviews und Fragen gestellt ("scripted reality", wie der Herr Fachschargong sagt)?
A: Nein, alles was ihr in den Traillern seht ist echt und live. Einzig wenn dem Journalisten eine Szene, die er eingefangen hat, sehr gut gefallen hat, hat er uns gebeten, dass wir genau das selbe nochmals machen, damit er für den Schnitt die Szene noch aus einem anderen Winkel filmen kann, da nur eine Kamera vor Ort war.

F: Werdet ihr mit dem Auftritt bei KdO reich?
A: Moment - ich kann die Frage gerade nicht beantworten, mein neuer Helikopter wird gerade angeliefert. Ärgerlich, dass hinten "sponsored by BILAG" draufsteht.... Quatsch. Alle Orchester spielen für lau und ich kann Euch verraten, dass SRF dreht jeden Batzen 2 mal um, weil die Diskussionen programmiert sind, wenn die Sendung ein Flop werden würde (was sie aber nicht wird, ähä. Jawoll.)

F: Wie geht es dir gerade?
A: Also die Frage wird mir in jeder Probe mindestens drülfzig mal von userem Hofjournalisten gestellt und ich finde sie furchtbar schwierig zu beantworten, weil ich mir ein solch gesteigertes Interesse an meinem Wohlbefinden nicht gewohnt bin, und schon dreimal nicht, wenn wir am Arbeiten sind. Aber danke der Nachfrage, es geht mir gut, etwas wenig Schlaf die Tage - aber das gibt sich wieder.

F: Wer sind deine Vorbilder?
A: Sehr gute Frage (eigentlich hat mir die noch nie jemand gestellt und das finde ich furchtbar schade, drum schreibe ich sie hier jetzt einfach mal auf, falls dann doch mal jemand fragen sollte).
  • Die hier - weil die nicht aufgehört haben, bis es zusammen war. Oder auch die hier.
  • Der hier - weil wenn die Leute in deiner Show SO lachen, hast du's doch irgendwie geschafft
  • Der hier - weil er Musik einfach mal richtig erklärt (Anm. der Redaktion: Schau dir gleich alle TED-Talks an, da lernst du so richtig was fürs Leben, mhm.)
  • Die hier - weil so möchte ich mal moderieren können.
  • Die hier - weil hier mal einer ans Publikum gedacht hat.
  • Die hier - weil man dieses Instrument genau SO spielt.
  • Der hier - weil ich auch mal bauchreden möchten könnte. Und so geile Sketches schreiben. Und's dann auch noch soo geil performen :)
  • Der hier - wer er nie gesagt hat "geht nicht"
  • Die hier - weil einem auch im Studium am Konzertvatorium nicht verboten wird, die Sau rauszulassen.
  • Blue Man Group - für die abgefahrenste Show die mir je unter die Kreditkrate gekommen ist.
  • Stomp - ein Vorbild in Sachen Abwechslung und Präzision
  • Basel Tattoo - So werden Shows inszeniert. So und nicht anders.
  • Disney - Als ich im Gymi war habe ich Disneyfilme für ihre Musik geliebt und meinen Musiklehrer gefragt, was ich tun müsste, damit ich solch wunderbare Orchestermusik komponieren lernen könnte. Der Kerl hatte allerdings keinen Plan und ich immer noch keinen Job in San Frisco.
  • Freddie Mercury - der brillianteste Musiker aller Zeiten
  • Keith Jarret - der brillianteste Musiker aller Zeiten
Liebe Grüsse

immer Eure J.

Freitag, 3. Oktober 2014

Die "Comfort Zone" und andere düstere Orte dieser Welt

Inzwischen hat unser kleines TV-Abenteuer auch die Lokalpresse erreicht und ausser beim Zahnarzt gibt's kaum ein Gespräch, in dem das Thema nicht irgendwo auf KdO kommt. Am häufigsten werde ich gefragt, woher wir alle diese Energie für diesen enormen Aufwand nehmen und wie wir dieses Showding packen, wo wir uns als Band doch eigentlich lieber höckelnd hinter unseren Notenständer verstecken und schwarze Bölleli in Musik verwandeln.

Ich kann natürlich nur für mich selbst aus dem Nähkästchen plaudern. Als wir uns für KdO qualifiziert hatten und schon der Weg zu den Auditions emotional und aufwandmässig nicht gerade in der Wellness-Abteilung zu suchen waren, war mir klar, dass dann für die Live-Shows der Spaziergang noch etwas weiter aus der "Comfort Zone" herausführen könnte. Was natürlich wiederum zur Frage führte, wie wir das überhaupt als Einzelmenschen wie auch Band durchstehen können werden.

Da wir ja schlussendlich doch irgendwie ein bisschen an der Schweizermeisterschaft für Orientierungslauf-Musiker teilnehmen werden, habe ich mich ausnahmsweise überwunden, mit ein paar Sportlern zu reden, und diese zu interviewen, wie sie das denn eigentlich so machen. "Mental Coaching". Aha. Ich habe mir daraufhin mal ein paar Bücher gekauft.
NAVI-SEAL? Jetzt haste aber echt einen an der Klatsche, oder? Vermutlich habe ich das tatsächlich, aber wenn jemand auf diesem Planeten etwas über Komfort-Zone weiss, dann die Jungs, die sich am Morgen erstmal ins Meer werfen bis sie durchgefroren sind, dann im Sand wälzen, bis sie von oben bis unten paniert sind und dann frühstücken gehen. Auch wenn ich mich jetzt vermutlich furchtbar unbeliebt mache: Die Bücher sind gut - sie haben mir gezeigt, dass wir alle vermutlich zu sehr viel mehr fähig wären, würden wir ein biiiischen weniger Energie auf's stetige Rumheulen und Meckern verwenden.

Und darum geht's schlussendlich in all diesen Büchern irgendwie. Positive Thinking. Wenn du willst und aufhörst, dir einzureden, etwas geht nicht, dann wäre da noch so einiges möglich.

Die ersten beiden Bücher sind echte Game-Changer und ich lege sie jedem auf diesem Planeten ganz fest ans Herz, mindestens 3 mal zu lesen. Auch wenn ich ein furchtbar unesoterischer Mensch bin, besseres kann man sich irgendwie nicht antun.

Und schlechteres? Oh ja, das hat mein Kindle natürlich auch einiges zu bieten :) Sollten wir die Show gewinnen und uns für die Weltmeisterschaften qualifizieren, wird sich die Band jede Probe folgendes Hörbuch anhören müssen:
Das wäre dann der Moment, bei dem wohl die solidesten Freundschaften in Brüche gehen würden :) 

Ach, und bevor ich's vergesse: Wer live dabei sein will, und das Gemetzel direkt in der Bodensee-Arena mit uns geniessen möchte: Tixx gibt's hier bei Starticket!

Liebe Grüsse, stay booned!


Dienstag, 23. September 2014

Die erste Probe

Liebe Freunde der Nacht! Ich habe ja gewusst, dass es dann allenfalls etwas streng werden könnte. Aber jetzt brauche ich also wirklich gerade einen Schnorchel, sowas von unter Wasser wie ich bin. Warum? Ach ja genau – „Kampf der Orchester“….
Nachdem wir in den letzten Wochen noch für zwei Konzerte gearbeitet hatten, haben wir am letzten Sonntag schliesslich die erste grosse richtige Probe gehabt. Und wir haben unser Blind Date kennengelernt! Natürlich durften bei diesem hochemotionalen Moment des Zusammentreffens auch die Kameras der Tageschau, Glanz und Gloria, 10vor10 und Akte X nicht fehlen und so hatten wir im Schulhaus Spitz eine volle Hütte. Und natürlich haben wir unseren VIP so richtig standesgemäss willkommen geheissen:





Ich habe ja ein wenig ein schlechtes Gewissen gegenüber den anderen Orchestern. Ich meine, Eure Promis sind sicher auch ganz ok…. :D Aber so eine geballte Ladung positiver Energie wie wir abbekommen haben, also da müssen Eure Promis ihren werten Gluteus Maximus mal so richtig hochkriegen, wenn sie mithalten möchten, häh.



Inzwischen haben wir unsere Choreografien im Groben fertig geschrieben und sind so richtig am Üben. Vorerst einmal vorwiegend zu Playback Musik, damit sich die Musiker erst mal auf die Abläufe und Bewegungen konzentrieren können. Mithilfe von Kraftpunktfolien, auf der jeder mit einem Böbbeli eingezeichnet ist, gehen wir Figur für Figur durch, klären Details wie Fusstellung, wen wir anschauen und Instrumentenhaltung.
Und weil das alles ja noch viel zu einfach ist, kommt dann Bea und bringt uns dazu noch Tanzschritte und Armbewegungen bei.
Und nächste Woche wird sie uns zeigen, wie man die Knoten aus Armen und Beinen wieder löst… haha. Freunde, ich habe ja sowas von Musikel-Kater. Au.



Ja, und dann gibt’s Durchläufe ohne Ende, damit jede(r) den Ablauf auswendig lernen kann. Wir von der KL haben natürlich trotz viel Erfahrung und 1000-mal-gemacht wieder gemerkt, dass alles was man zu fünft macht, in der Gruppe eben wieder anders aussieht und wirkt – und auch mal nicht so funktioniert, wie wir uns das geträumt haben. Böse Welt, wir werden diese Woche nochmals kräftig über die Bücher müssen! Ja und nächste Woche steigen wir ins erste Probewochenende ein. 

Bis da-haan…. 

Eure JBBB

Freitag, 29. August 2014

KdO und die Presse

Ich hab's probiert. Auf die Klappe zu hocken, meine ich. Geht nicht. Bevor Sie, lieber Leser, aber, der ja eventuell ein Medienschaffender bei einer der nachfolgend erwähnten Zeitungen ist, beschliessen, aus lauter Rache für diesen Post, mich, mein Orchester oder gleich die ganze Sendung mit allen Mitteln, die die Klaviatur der Medienintrigen so hergibt, zu zerlegen und in einen Mingvasenscherbenhaufen zu verwandeln, vorneweg ein kleines Geleitwort. Sind Sie, lieber Leser zuhause an den Bildschirmen, kein solches Wesen, gehen Sie doch bitte schon mal zum übernächsten Abschnitt vor, und geniessen den gemütlich-unterhaltsamen Teil.

Lieber Journalist, der Blasmusikszene in der Schweiz geht's aktuell nicht soooo gut. Den Vereinen laufen die Mitglieder weg und Nachwuchs ist schwer zu rekrutieren. Wir haben quasi gerade ein wenig Vereinssterben. Dafür gibt's gute Gründe, auf die ich aber in einem anderen Post eingehen werde. Wichtig ist, dass das SRF mit KdO uns Musikvereinen eine einzigartige Chance bietet, dieser Tendenz entgegenzuwirken und für unser Hobby zu werben und viel Positives zu bewirken. Und Sie können mir glauben, dass alle acht teilnehmenden Orchester im Moment einige tausend Arbeits- und Probenstunden investieren und ALLES tun werden, um das Fernsehpublikum vom Hocker zu fegen und für unser Hobby zu begeistern. Es geht uns Orchestern und dem SRF-Team darum, eine konstruktive, durchwegs positive Show abzuliefern. Verstehen Sie mich nicht falsch - wir freuen uns sehr, wenn Sie über uns berichten. Auch über fundierte, fachlich sachliche Kritik und konstruktive Ideen, wie wir's noch besser machen können. Aber seien Sie sich auch bewusst, dass Sie mit jeder abfälligen Bemerkung, jeder negativen Äusserung, dass das jetzt gerade nicht so Ihr Ding ist und jedem ach-so-einfach-zu-versenkenden Hieb gegen unser National-TV dieser immensen Arbeit und der Blasmusikszene der Schweiz schaden und die rund 300 Mitwirkenden nur demotivieren.  Auch wenn's leichter ist, mit ein paar reisserischen, desktruktiven Headlines rumzuschnöden und die arbeit anderer in die Tonne zu treten: Ich lade Sie herzlich ein, uns alle bei den Proben zu besuchen, sich über uns zu informieren und eine gut recherchierte Berichterstattung abzuliefern. Und nun werden wir uns einig, dass einigen von Ihnen der Start hier noch nicht ganz geglückt ist und, wie Sie gleich lesen werden, noch etwas Luft nach oben ist. Deal?

Es ist haarsträubend. Natürlich habe ich zur Zeit ein gesteigertes Interesse an allem, was mit KdO (Nein, nicht "Kaufhaus des Ostens"... "Kampf der Orchester") zu tun hat, und da verirre ich mich dann auch hie und da in die Aperitifzeitungen der Boulvardfresse.
Gute Frage - ich kenne hier auch grad noch einen, der ein wenig verzweifelt. Den Verdacht, dass hier Laien am Werk sind, hatte ich übrigens auch, als ich mit der Lektüre dieses Fachartikels fertig war. Die kündigen dannnämlichgrossan:

und wissen auch noch, dass Cornelia "ein Musiktruppe" unter die Fittiche nimmt.
Musiktruppe. Phah! Nimm du besser mal dein Duden unter die Fittiche, du... Berichtererstattertruppe du! Aber auch ein anderes Fachblatt trumpft mit akribischer Recherchenarbeit auf:

ähm ja.... doch. Ist er. Lass es mich schnell für dich googeln: >>Hier klicken<< - Nimm einfach den 1. Link. Oder den 2. oder irgendeinen.... Aber mit objektiver Berichterstattung hatte es der Autor selbigen Oeuvres eh nicht so:


  Irgendwie etwas befremdlich, nicht? Apropos befremdlich: Die nachfolgende Headline ist für Leser unter 18 Jahren nicht geeignet:
Da ist aber wer 3x mit der Dampfwalze drübergedonnert...platter geht's also nicht mehr.

Liebe Journalisten - jetzt seid mal ein bisserl positiv und konstruktiv - auch damit kann man doch Leser unterhalten, oder? Wir arbeiten, ihr lobt und würdigt, eure Leser und unser Publikum ist glücklich. Na?

Immer Euer J.

Anm: Die oben genannten Artikel wurden der Welt zur Verfügung gestellt von 20Minuten und Blick.

Montag, 25. August 2014

Die 2. Probe - das scharfe Auge für Details

Liebe alle

Und plötzlich rast die Zeit - in nur zwei Weekends haben wir vom Showschreibteam die Choreos hingeklöpft. Am Abend waren wir zwar alle >>klickstdu hier<<  aber glücklich und zufrieden - die Shows sind geschrieben und die Proben feddisch vorbereitet. An den letzten zwei Sonntagen haben wir die Shows bereits mit der Band mal ausprobiert und abgesehen von ein paar kleeeeinen Schwierigkeiten (Spielen im Kopfstand is eifach irgendwie sauschwer) hat das meiste irgendwie auch funktioniert.

Nun haben wir die nächsten Wochen erstmal gewaltig keine Probezeit für KdO, sondern müssen uns auf die kommenden Auftritte vorbereiten - jaja, sowas haben wir auch. Und dann, geht's an die Details. Und dafür braucht es eben ein genaues Auge. Na? Easy? Kannst du auch? Okeeeee - DAS wollen wir mal sehen... wer war der Mörder?


see you soon, immer Eure

Maddin

Donnerstag, 21. August 2014

Orchestertreffen beim SRF

Uiuiui – nun wird’s irgendwie plötzlich alles furchtbar konkret. Heute waren wir beim Infoabend im SRF und natürlich gespannt wie die Flitzebögen, wie jetzt das ist, da beim TV. Fernsehen machen hat für uns Normalsterbliche ja etwas Magisches - eine Welt die irgendwie nicht real ist, wo gezaubert und getürkt wird und die sehr von Emotionen lebt. Dass dahinter aber dahinter Menschen stecken, die sehr viel ganz klassisches Projektgeschäft tun, damit eine Show schlussendlich in ihrem ganzen Glanz  über den Äther flimmern kann, dessen sind wir uns ja nicht immer so voll bewusst.


Da gibt es einen Bereichsleiter, der wie seine Kollegen auf der Bank oder in der Industrie sehr viel mit Budget zu tun hat, eine Projektleiterin, die Zeitpläne, Unterkünfte, Terminpläne von brutal vielen Menschen koordinieren muss, Wichtiges von Unwichtigem trennt, Feuer löscht und alle Fäden in der Hand hält. Und einer Medienverantwortlichen die uns bei Interviews und bei allen Fragen mit der Presse hilft und natürlich auch, wenn wir ein #GeriGate veranstalten und von der Schlammpresse durch den Fleischwolf gedreht werden sollten. Und dann all die vielen… also in meinen Projekten heissen die „Subject Matter Experts“ – also Profis, die sich auf ein Fernweh… pardon: Fernseh-Handwerk spezialisiert haben: Choreografen, musikalische Leiter, Redakteure, Produzenten, undundund.


Nun wissen wir alles über das 1x1 des Fernsehens, über kalte und heisse Proben (nein, das nichts damit zu tun, ob’s im Thurgau dann schifft oder die Sonne scheint), das wir weder ein original 1:1 Nachbau der Titanic noch unseren Sandstrand als Decor kriegen werden, wann wir unsere Choreografen treffen und das Filmteam, dass einen Einspieler über uns dreht.


Und eines hat das Projektteam von SRF gestern auch geschafft: Sie haben uns Ängste genommen und uns davon überzeugt, dass sie eine durchwegs positive Show machen werden, die uns und unser Hobby im besten Licht zeigen und die Zuschauer begeistert vom Hocker fegen wird.

Genau DAS braucht die Schweizer Musikszene und darauf freuen wir uns! Ach… und dann haben wir noch erfahren, wer unser Promi wird, der uns in den nächsten Wochen und Monaten durchs Abenteuer „Kampf der Orchester“ belgeiten wird. Es ist…… *undwirgehenindieWerbung* - CUT.

Immer Euer J.

Sonntag, 17. August 2014

Wie man eine Show schreibt - Teil 2 - Rezepte

Ein wichtiger Bestandteil jeder Domäne der Kunst - also auch im Showbizz ist "Kreativität". Der Rest der Welt spricht uns auch immer wieder Bewunderung über diese Eigenschaft - oder schimpft uns eben chaotische Kreativeköpfe, wenn sie/er gerade wieder die Schattenseiten unseres Unstrukturiertseinkönnens spürt. Ein paar philosophische Gedanken:

Wie gehen wir ans Showschreiben ran?

Damit eine Show gut wirkt, gibt es, wie früher schon erwähnt einige Konzepte und Regeln. Viele davon kann man in Büchern über eine beliebige Domäne der Kunst nachlesen. Also ist es doch eigentlich einfach: Elemente und Konzepte zusammenstellen und Regeln beachten, und eine garantiert gute Show steht? Leider geht es so nicht - im Gegenteil: in dieser ersten Phase versuchen wir sogar ganz gezielt, NICHT an Regeln zu denken. Warum? Weil es sonst eine langweilige Schnittmustershow gibt, die keine Emotionen weckt. Ihr habt diese schon zu Tausenden an Musikfesten gesehen: Kontermarsch - in-and-out - Schweizerkreuz, das sich dreht, In-and-out, Kontermarsch... gähn.

Bevor nun ein Dutzend Drummajor-Stöcke in Richtung meines Kopfes fliegen: Keine Frage, diese Figuren sind wichtige und gute Elemente, welche ein Showorchester draufhaben muss und die einer Show sein dürfen. Ich sage bloss, Shows, welche ausschliesslich aus einer Aneinanderreihung solcher Figuren bestehen, kannst du in die Tonne klopfen- an die erinnert sich keiner - auch nicht deine Oma. Auch wenn sich einige helvetische Marschmusik-Experten steineisern gegen Innovation wehren, der Trend geht gottseidank endlich in eine andere Richtung.

Nun heisst das nicht, dass wir bei den Boons nichts von Regeln und Konzepte halten - ganz im Gegenteil: Sobald die Show in groben Zügen steht, Prüfen wir laufend auf Regel-Fehler und bauen immer mehr der Details ein, von denen wir wissen, dass sie gut funktionieren - und brechen die Regeln auch ganz gezielt, wenn wir gute Gründe dafür haben.

Wie funktioniert eigentlich Kreativität?

Eine Frage, mit der ich mich glaube ich nun schon gute dreissig Jahre beschäftige. Erste wichtige Frage: Gibt es kreativ-begabte Menschen - also Menschen, denen es in die Wiege gelegt wurde oder kann jeder (gleich) kreativ sein?
Nun, ob es Begabung gibt oder nicht, kann ich nicht beurteilen. Was ich aber belegen kann ist, dass Menschen, die nachweislich (= aus eigener Überzeugung) nicht kreativ begabt sind, wunderbare Resultate erzeugen können, wenn sie richtig an die Sache rangehen. Ist gibt also so etwas wie ein Rezept, Konzept oder Handwerk dahinter. Damit ist es aber, wie mit jedem Handwerk: Das Konzept zu kennen heisst nicht, es zu beherrschen. Es muss geübt und verfeinert werden und es dauert  vermutlich wie bei allem anderen auch gut zehn Jahre bis zur Meisterschaft.

Dieses Konzept habe ich übrigens zum ersten Mal von meinen Kompositionsprofessoren David Angel, Filmkomponist in den Universalstudios und Ed Neumeister, Starposaunist und moderner Jazzkomponist kennengelernt. Ich habe nun aber neulich herausgefunden, dass dieses Konzept universell für alle kreativen Domänen gilt - so beschäftige ich mich aktuell mit einer für mich völlig fremden Welt, in der ich mich nun seit Jahren als unbegabt behaupte - der Zeichnerei. Und tadaa... das Konzept ist das selbe. Und ich habe jüngstens ein paar spannende Bücher das Schreiben von Drehbüchern gelesen...tadaa... das Konzept ist das selbe.


Das Rezept, das Problem und die Lösungen dazu

Primzipiell gibt es beim Kreiren von etwas zwei Phasen. In der ersten Phase sind wir auf der Suche nach Ideen. Möglichst frei von Normen, Strukturen und Regeln. In der zweiten Phase wenden wir alle Konzepte und Regeln auf diese Ideen an und füllen Lücken und verfeinern sie bis zum vollendeten Werk.
Dilemma gesehen? Wir müssen alle Regeln kennen und das Handwerk in- und auswendig beherrschen, damit wir in der zweiten Phase erfolgreich sein können, aber wir müssen auch in der Lage sein uns von all diesem Wissen zu trennen, damit wir in der ersten Phase nicht nur Dinge erschaffen, die bereits da waren. Je besser wir die Regeln für Phase 2 intus haben, desto schwieriger wird es auch, sie in Phase 1 loszulassen. Schon mal gewundert, warum beinahe alle wirklich erfolgreichen Kreativköpfe Drogen konsumier(t)en? Alkohol, LSD, Canabis - heissen deshalb "bewusstseinserweiternde Substanzen", weil sie helfen, die Regelfilter und Hemmschwellen in unseren Köpfen auszuhebeln, die uns stetig daran hindern, alle Gedanken zu bewusst zu denken und auf die Ideen zu kommen, die es sonst nie in unser Bewusstsein schaffen. Aber genau DAS wollen Meister. Nicht altes nachkauen, das schon da war - sondern neue Ideen haben, die noch keiner hatte - und diese dann mit ihrem Wissen und dem Anwenden der Regeln und dem Handwerk zu Meisterwerken verarbeiten.

Bevor nun aber die Skandalpresse wittert, dass ich Drogen gutheisse oder wir uns vor unseren Showschreib-Aktionen die Birne mit irgendwelchen Pilzchen zudröhnen, möchte ich klarstellen, dass beides nicht der Fall ist. Ich zeige nur das Paradox auf, dass Kreativschaffende haben und erkläre, dass es (nebst anderen Gründen) mich nur schon aus diesem Grund nicht wundert, dass von Steve Jobs bis Charlie Parker viele erfolgreiche Kreativköpfe die beiden Welten mit Drogen zu überbrücken versucht und die wüsten Nebenwirkungen in Kauf genommen haben.

Unsere Truppe überbrückt die beiden Welten mit anderen Mitteln - man kann das "loslassen" nämlich auch trainieren - z.B. mit Theatersport, meditieren und dem stetigen Bewusstsein, wann wir nach Regeln und Normen leben und diese auch immer mal wieder mutig brechen und z.B. ein Casino ausrauben. Scherz Ende.

So, jetzt abe ma Butta bei die Fische, ne? Am letzten Sonntag haben wir uns zum ersten Showschreib-Tag in einer Turnhalle, irgendwo hinter den Bergen bei den sieben Zwergen getroffen getroffen. 

Unsere Showschreibtruppe

Wichtig ist, dass in der Showschreiber-Truppe Ideen-Menschen am Start sind. "Das-geht-nicht"-Menschen, die den Hang haben, überall Probleme zu sehen, sollten keine dabei sein - die sind hinderlich. Nun höre ich in den hinteren Reihen "ja, aber irgendwer muss Euch Kreativ-Vögel auch ein wenig am Boden der Tatsachen halten!". Das stimmt. Aber nicht hier, denn sonst bewegen wir uns nie über Mittelmass hinaus. Und Mittelmass will kein Publikum sehen.)



In unserem Falle sind das unsere 
Els van Es, Baritonsaxophonistin  mit holländischen Wurzeln, unheimlich viel Humor und immer einem ansteckenden Lachen im Gesicht.

Isabel Schacher, Posaunistin, Langzeit-Showbandlerin, Studiert nächstens Game-Design und hat ein wunderbares Faible für Jöö- und Huiiiii-Effekte

Bea Kappeler, Weit umher als "Tanzfüdli" bekannt. Sie leitet seit drülfzig Jahren Tanzgruppen und Turnvereine und fehlt an keinem Tanzworkshop dieser Welt

Jean-Luc Kühnis, Showband- und Querschleger-Gründer, der alles in Rhythmus verwandelt, was der Planet hergibt - und ein Meister der grenzenlosen Ideen und Netzerwerke

Meine Wenigkeit - Trinke gerne Kaffe und gehe der Truppe bei jeder Gelegenheit auf die Nerven. Toll, ne?

Zutaten zum Showschreiben

Wie so oft, ist das richtige Werkzeug für eine Arbeit match-entscheidend. Was brauchen wir, wenn wir unsere Shows schreiben? Na, vor allem eine geeignete Location: Turnhallen sind deshalb so praktisch, weil man Showschreiben sehr viel Platz braucht. Mattenwagen, Malstäbe und anderer Krimskrams kann bestens dazu verwendet werden, Dekopositionen zu markieren. So stecken wir als erstes immer die Showfläche 1:1 ab, damit wir nie die Grössenverhältnisse aus den Augen verlieren und das Showdesign direkt ausprobieren und beurteilen können. Des weiteren brauchts:


  • Eine mobile Soundanlage, wir haben uns mal so einen akkubetriebenen Koffer gekauft, damit wir auch an Orten proben können, wo kein Kernkraftwerk steht und trotzdem genug reindonnert, dass man sie auch in einer Dreifachturnhalle gut hört. 
  • Schreibzeuch - mindestens eine, besser zwei Personen sollten das ganze schriftlich und mit Skizzen mitdokumentieren. Beim Schreiben der Show ist allen vor Ort klar, wie der Ablauf ist. Eine Woche später, wenn wir die Show der Band erklären müssen, sind wir um diese Genickstütze dann jeweils ziemlich froh.
  • Eine gute Video-Kamera mit Stativ, mit der wir zwei bis drei Durchläufe jeweils aufzeichnen. Zugegeben, ein gutes Teil kostet mindestens einen Tausender, aber die Anschaffung ist ja sowas von zentral sowohl bei Dokumentieren wie nachher beim Proben. Dazu aber später mehr.
  • Markier-Krempel: Mattenwagen, Malstäbe, Portmonnaies, etc. mit denen wichtige Punkte am Boden markiert werden können. Dies gibt später auf dem Video gute Referenzpunkte beim Dokumentieren der Show.